Impressum / Beteiligte

Ostermarsch Miesbach, 19. April 2025

Krieg in der Ukraine

Bevor ich mit meinem Blitzlicht zum Ukraine Konflikt beginne, weise ich darauf hin, dass die vorgetragenen Fakten keine Begründung oder Entschuldigung für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind. Es ist der Versuch die Hintergründe und Entwicklungen zu beleuchten.

Die Ukraine ist das größte Land dessen Fläche ganz in Europa liegt. Ein Vielvölkerstaat indem die Ukrainer mit 77,8% und Russen mit 17,3% die großen Anteile an der Bevölkerung haben, aber auch Belarussen, Moldawier, Krimtartaren, Bulgaren, Ungarn, Rumänen, Polen und Armenier leben. Ein Land mit großen Agrarflächen und vielen Bodenschätzen.

Ein Land mit einer wechselhaften Geschichte.

Von 862 – 1237 gab es die Kiewer Rus, ein Großreich, das sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und den Bosporus erstreckte. Sie wird von der Ukraine, aber auch von Russland als die Wiege ihres Volkes betrachtet.

Seit der Eroberung durch die Mongolen 1240 - 1917 und 1922 – 1990 wurde die Ukraine fremdbestimmt. Es gab keinen ukrainischen Staat. Die Versuche, die Novemberrevolution 1917 zu nutzen, um ein eigenständiges Land zu werden, scheiterten 1922 mit der Ausrufung der Sowjetunion und der Ukrainischen sozialistischen Sowjetrepublik.

Von 1240 – zur Mitte des 14tn Jahrhunderts war dieses Gebiet von den Mongolen besetzt, dann 100 Jahre lang aufgeteilt zwischen Litauen und Polen, nur die Krim blieb mongolisch (Krim-Tataren); ab 1645 in kleinen polnischen und größerem russischen Teil aufgeteilt.

1917 mit der Novemberrevolution bekamen die Separationsbestrebungen Aufwind und wurden über vier Jahre von auswertigen europäischen Regierungen unterstützt. 1922: Ausrufung der Sowjetunion mit der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik, kurze Unterstützung der Nationalisierung, Anerkennung der eigenen Sprache als Amtssprache.

1930: Zwangsmaßnahmen Stalins, Säuberungen, Getreide wird beschlagnahmt. 6 – 7 Millionen Menschen verhungern.
1941 – 1944: Hitler wird zunächst als Befreier gesehen, bis zur Verschleppung der Bevölkerung zur Zwangsarbeit

Nach 1945: wieder Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik. Landesteile, die nach dem 1. Weltkrieg umliegenden Ländern (Polen, Tschechoslowakei, Litauen, Rumänien) zugeteilt wurden, kamen zurück.

1953 – 1972: unter Chruschtschow (Ukrainer) Aufwertung der Republik innerhalb der UDSSR, die Krim wird von ihm der Ukraine zugeteilt.

1972: Russifizierung mit „Säuberung“ der Eliten, ab 1980 schleichender Zerfall der Sowjetunion, die liberal orientierte Opposition bekommt mehr Gewicht.

1986: kernschmelze im AKW Tschernobyl: Bevölkerung wird erst nach 1,5 Tagen evakuiert, Ukrainer fühlen sich von der Sowjetunion im Stich gelassen.

1989: Oppositionelle Gruppierungen schließen sich zur Volksbewegung Ruch zusammen, mit dem Ziel nationaler Unabhängigkeit.

1990: Erste freie Wahlen, Ruch erhält 25 %. Referendum am 1.12.1991 zur Unabhängigkeit der Ukraine: 90% der Gesamtbevölkerung sind dafür, auf der Krim ist nur eine knappe Mehrheit dafür.

1994: Budapester Memorandum: Verpflichtung von Russland, USA und England zur Einhaltung der territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit von Ukraine, Belarus und Kasachstan

1996: Verabschiedung der neuen Verfassung mit dem Ziel: Eine Nation als Volk der Ukrainer. Alle Bewohner erhalten die ukrainische Staatsbürgerschaft. Die Rechte der Minderheiten mit dem Schutz von Identität und Sprache werden geschützt.

1997: Ukrainisch – Russischer Grundlagenvertrag zu Freundschaft und Zusammenarbeit mit der Bestätigung der staatlichen Souveränität.

1994 – 2004: Präsident Kutschma (KP); auch die Opposition nutzt Seilschaften und persönliche Kontakte, Macht des Parlaments und Pressefreiheit werden eingeschränkt, globale Unternehmen expandieren in der Ukraine.

Präsidentschaftswahlen 2004:
Janukowitsch, vom Kreml unterstützt, gewinnt im Osten Donbass und Krim mit 80 – 90%; Juschtschenko, von USA und Europa unterstützt, gewinnt in westlichen und nordwestlichen Gebieten mit 95%; Zentral-und Südukraine zeigen keine Tendenz für einen Kandidaten.

Erster Wahlgang: knapper Sieg Janukowitsch manipuliert – orange Revolution auf dem Maidan erreicht Wahlwiederholung
Zweiter Wahlgang: deutlicher Sieg Juschtschenko

2005 – 2010: Ziel der EU und NATO- Mitgliedschaft wird erklärt, gleichzeitig damit gedroht, den Vertrag zur Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte zu kündigen. Keine der versprochenen Reformen kommt, die Akteure der orangenen Revolution zerstreiten sich.

2008: NATO-Gipfel in Bukarest erklärt, dass die Ukraine und Georgien NATO-Mitglieder werden. Die russische Duma droht daraufhin mit der Aufhebung des Vertrags zwischen Russland und der Ukraine von 1997.

2010 – 2014: knappe Wahl von Janukowitsch (49,98%) zum Präsidenten, wieder zeigt sich die Trennung der Bevölkerung in pro-russisch und pro-westlich. Russisch wird 2. Amtssprache, Prozesse und Verurteilung von Oppositionspolitikern, persönliche Bereicherung, das Oligarchensystem bleibt, nur die Akteure wechseln.
Zunächst gleichzeitig Verhandlungen mit der EU und der russischen Zollunion

2013: Stopp der Verhandlungen mit der EU => Proteste Euromaidan, auch rechtsextreme Parteien dort vertreten (Zustimmung bei Umfragen 10%); europäische Politiker unterstützen die Proteste, auch mit Besuchen, trotz Warnung Russlands sich nicht einzumischen. Es kommt zu Kämpfen mit 48 Toten und zur Amtsenthebung des Präsidenten. Im Donbas werden die Separatisten stärker, die nicht mit den Zielen des Euromaidan einverstanden zu sein äußern.

Im Februar besetzen russische Soldaten ohne Hoheitsabzeichen das Parlament, Regierungsgebäude und den Flughafen auf der Krim. Das neu eingesetzte Parlament auf der Krim verkündet am 6. März den Anschluss der Krim an Russland.
Das ukrainische Parlament und die Übergangsregierung unterschreiben im März 2014 den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der EU.

März 2014: Referendum auf der Krim (59% russisch, 24% Ukrainer) zur Wiedervereinigung; trotz Fälschungen gehen auch westliche Beobachter von der mehrheitlichen Zustimmung aus.

April 2014: Offener Ausbruch des Bürgerkriegs im Donbas, prorussische Aktivisten sind mit den Forderungen des Euromaidan nicht einverstanden, kleine militärische Einheiten besetzen die Regionalverwaltungen. Nach erzwungener Volksabstimmung im Mai werden die souveränen Volksrepubliken Donezk und Luhansk ausgerufen, der Versuch der Ukrainischen Polizei mit Unterstützung der ukrainischen Armee eine Antiterroraktion durchzuführen, scheitert. In Odessa kämpfen prorussische und proukrainische Aktivisten gegeneinander, wobei über 40 prorussische Aktivisten in einem in Brand gesetzten Gebäude starben.

Mai 2014: Präsidentschaftswahlen => Poroschenko Oligarch, von der EU geforderte Reformen werden umgesetzt, Bürgerkrieg im Donbas dauert an, schweres militärisches Gerät wird von beiden Seiten eingesetzt.

Mai 2019: Wahl Selenskyj zum Präsidenten, mit 70% von Oligarch Kolomojskyj unterstützt, mehrere Friedensgespräche mit Russland, Gefangenenaustausche.

Februar 2022: Russland erkennt die Unabhängigen Volksrepubliken Donezk und Luhansk an und erklärt am Folgetag den Krieg gegen die Ukraine

Warum mischen sich die ausländischen Akteure ein?

Wirtschaftliche Bedeutung

Bereits in der jungen Sowjetunion wurde die Ukraine zur Kornkammer der UDSSR. Im Osten entstand aufgrund der Kohlevorkommen die Schwerindustrie. Sie wurde zum industriellen Schwerpunkt der gesamten UDSSR. Zudem sind die Häfen am Schwarze Meer und am Asowschen Meer wichtig für den Handel, garantieren aber auch die militärische Kontrolle. In der jüngeren Zeit, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, expandierten Unternehmen aus der EU und USA zunehmend in der Ukraine um sich Märkte und den Zugang zu den Ressourcen zu sichern.

Geopolitische Bedeutung:

Ich zitiere:
Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren 52 Millionen Menschen, bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges Europa und Asien umspannendes Reich zu werden.
Zbigniew BrzeziƄski (1928 - 2017), polnisch- US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater u.a. von Jimmy Carter.

Meine Frage:

Geht es bei der Unterstützung der Ukraine um Demokratie, Teilhabe und Selbstbestimmung der Bevölkerung?

Oder geht es um die Macht und Größe der Weltmächte? 

Auch in der Berücksichtigung der Antworten liegt die Grundlage für einen möglichen Frieden.

Christine Negele, Miesbach, im April 2025